Maker AG

Ich habe mich entschieden an unserer Grundschule eine “Maker AG” anzubieten, da ich es schade finde, dass ein solches Angebot ab dem Kindesalter immer noch nicht wirklich existiert. IT basierte Systeme umgeben uns überall, und unsere Abhängigkeit davon ist den meisten Menschen nicht wirklich bewusst. Daher halte ich es für sinnvoll, Kinder frühzeitig und spielerisch über die Möglichkeiten und Gefahren der Technologie aufzuklären, damit sie später als mündige Bürger Technologie gestalten können.

Mir selber hat in meiner gesamten Schulzeit niemand aufgezeigt, dass das Wissen aus den MINT Fächern mehr ist als blose “Schikane” durch Zahlen. Ohne diese Inhalte funktioniert keine der uns umgebenden Technologien und sie können nur schwer verstanden werden.

Als Basis habe ich mich für die Arduino Plattform in Form eines Arduino Nano entschieden. Hier existiert bereits ein umfassendes Ökosystem, und Komponenten können günstig beschafft werden. Auf einer großen Auktionsplattform habe ich Sortierboxen aus einer Insolvenzmasse ersteigert, und mit einigen Komponenten fünf Teilekoffer zusammengestellt. Die Kosten pro Koffer liegen bei knapp 20 Eur.

Unsere Teilekoffer

Mit freundlicher Unterstützung meines Arbeitgebers LF.net GmbH habe ich bei GreenPanda fünf gebrauchte Laptops erworben. Der Einsatz von refurbished Hardware erscheint mir ökologisch sinnvoll, und die Leistunsfähigkeit der Systeme ist für diesen Anwendungsfall mehr als ausreichend. Die eingesetzte Software ist komplett Open Source, und somit fallen keine Lizenzgebühren an. Als Betriebssystem kommt Ubuntu 18.04 LTS zum Einsatz. “Werkstattausrüstung”, wie z.B. Logic-Analyzer oder Oszilloskop, kann man mit Sigrok und Pulseview bedienen. Günstige, von Sigrok unterstützte, Hardware kann im Internet bezogen werden. So konnte ich die Kosten für die komplette Ausrüstung unter 1500 Eur halten.

Klassenzimmer mit unserer Ausrüstung im Vordergrund

Um den Einstieg in die Programmierung altersgerecht zu gestalten, habe ich mich entschieden auf eine graphische Programmierumgebung zu setzen. Dieser Ansatz ist bereits in einigen kommerziellen Produkten verfügbar, und Studien zeigen, dass dieses Konzept vielversprechend ist. Ich habe mich für die freie Software Ardublockly entschieden. Diese basiert auf dem von Google entwickelten Blockly-Projekt. Um eigene Anpassungen für unsere Komponenten und Anforderungen vornehmen zu können, habe ich das Projekt geforkt. Die “Maker AG” Version ist hier verfügbar. Vergleichbare, grafische Ansätze verwendet z.B. auch “Programmieren mit der Maus“. Ein umfassendes Paket aus Komponenten, Programmierumgebung und Konzept entwickelt im deutschsprachigen Raum z.B. das SenseBox Projekt. Allerdings adressiert es einen älteren Personenkreis und stellt eine deutlich höhere, finanzielle Einstiegshürde dar.

Programmablauf unserer Ampel in Ardublockly

Zum Erstellen der Aufbauanleitungen für die Steckbretter kommt Fritzing zum Einsatz. Ebenfalls ein Open Source Projekt, dass leider zur Zeit nicht aktiv weiterentwickelt wird. Eine für meine Zwecke funktionale Version ist aber in Ubuntu 18.04 enthalten. Und es besteht Hoffnung, dass es mit Fritzing irgendwie weiter geht.

Schaltungsaufbau der Ampel

Jede Woche erstelle ich für die Kinder ein PDF, in dem ich versuche, Wissen aus dem Bereich Elektronik und Programmierung mit einer oder mehreren Aufgabe(n) zu verbinden. So haben die Kinder haptische Tätigkeiten und Experimente, sowie eine intellektuelle Herausforderung. Für den Wissensteil gilt: “Alles kann, nichts muss”. Stellt sich die Materie als zu kompliziert heraus, oder sind die Kinder sehr unruhig, überspringe ich den Wissens-Teil und beschränke mich auf die Bastelarbeiten und die Programmierung. Entgegen meiner Erwartung wurde auch der Wissensteil gut angenommen, und es kamen qualifizierte und interessante Nachfragen aus denen sich spannende Gespräche entwickelt haben. Teilweise ist es eine Gratwanderung zwischen 100% belastbarer und richtiger Darstellung von Sachverhalten, und der Möglichkeit der Kinder, dem Inhalt noch zu folgen. Der Aufbau der Dokumente ist immer gleich. Wiederkehrende Textblöcke und Formulierungen erleichtern den Kindern die Lektüre. Hier das PDF für die Ampel sowie Wissen im Bereich Strom, Spannung und Widerstand als Beispiel:

Die Umsetzung dieses Aufgabenblocks hat mit Schülern einer zweiten Klasse sehr gut funktioniert. Jeder Teilnehmer war, mit mehr oder weniger Unterstützung, in der Lage eine funktionierende Schaltung aufzubauen und das entsprechende Programm zu erstellen. Zur Zeit sind es sechs Teilnehmer, die sich alleine oder in Zweiergruppen auf die Laptops verteilen. In der Grundidee habe ich bis zu zehn Teilnehmer kalkuliert, sodass an jedem Laptop und Teilekoffer eine Gruppe aus zwei Kindern aktiv ist. Mittlerweile würde ich diese Zahl noch einmal hinterfragen, da es als Einzelperson ziemlich schwierig ist, den Nachfragen der sechs Kinder entsprechend zeitnah nachzukommen. Dies ist sicher auch dem Alter geschuldet, da die Kinder noch relativ ungeduldig sind, und hier und da Unterstützung benötigen um weiter zu kommen. Mein Respekt gilt den Lehrkräften, die zwanzig und mehr Kindern gerecht werden müssen. Vielen Dank dafür!

Unser Ergebnis im Film

Auch wenn man anfänglich glauben mag, dass es in einer zweiten Klasse zu früh ist ein solches Angebot zu positionieren, hat sich doch heraus gestellt, dass es viel besser funktioniert als gedacht. Es ist möglich mit einer Reihe von Punkten an Themen anzuknüpfen, die Bestandteil des schulischen Lehrstoffs sind. So haben wir bei der Ampel eine Verbindung zur Verkehrserziehung. Wir werden einen Abstandsmesser mit Ultraschall bauen, und damit an den Bereich “Längen messen” anknüpfen. Ich plane mit RGB LEDs Farben zu mischen und eine “Wetterstation” zu bauen. Farben und Jahreszeiten sind ebenfalls im Lehrstoff vertreten. Hinzu kommt die haptische Herausforderung mit Fingerspitzengefühl die Bauteile auf dem Steckbrett zu platzieren. Und nicht zuletzt Dinge wie Zeitintervalle, Rechenaufgaben und das strukturierte Umsetzen von Anforderungen, die grundlegende Themen der Kindesentwicklung sind. Die Kinder sollen das Gefühl haben, dass sich alles integriert und alltägliche Dinge wiedererkennen.

Ich möchte mich bei allen Personen bedanken, die es mir ermöglicht haben die “Maker AG” umzusetzen, und freue mich auf ein spannendes Schulhalbjahr bis zu den Sommerferien.

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